Ich taste mich langsam an für die Ostsee sinnvolle Slow-Pitch-Applikationen in ihrer wahren Bestimmung heran. Es ist jetzt 35 Jahre her daß ich einen meiner ersten Heringe an meinem ersten Heringsvorfach an einen großen bösen Fisch verlor der mir gleich mehrere Haken abgerupst hat. Seitdem beschäftigt mich der Gedanke an Heringsfresser im Hafen. Man beachte die abgerissene rostige Heringsfliege in der Brustflosse des 60er Köhlers der die Zinnsprotte im Absinken nahm und am dünnen Assist Hook kleben blieb bis ich mit der leichten Spinne Fühlung aufgenommen hatte. Das geschah vorgestern in Sichtweite zu dem damaligen Ereignis, allerdings mit Boot, I Pilot Spot Lock und leichterem Gerät.
2 von 4 Köhlern nahmen beim Einkurbeln im Mittelwasser wie man es kennt und wie es so ziemlich jeder heringsähnliche Pilker zuwege bringt, aber die anderen Beiden unten am Schwarm, sozusagen "Slow Pich" - Beifang. Ich gönne Jedem seinen Fisch, aber wenn man bedenkt wie überlaufen der Spot inzwischen ist und wie viele Boote mit Dutzenden Brettern und Pilkern dort selbst unter der Woche ständig Angeldruck ausüben war es äußerst befriedigend als Einziger Köhler zu haken, und dann gleich mehrere. Sport-Dorsche sind nicht blöd.
Es ist erst eine Woche her daß ich gleich mehrere schöne Dorsche mit der noch leichteren Rute fing, ein für Kieler Verhältnisse diese Saison sehr gutes Ergebnis, besonders auf Blech.
Ich habe meine Vorbehalte gegenüber dem vorne montiertem Assist Hook daher endgültig abgelegt und eine kleine Vorweg-Auswahl an Pilkern in Slow Jig Konfiguration
im Shop eingestellt. Grundlegender Unterschied zu den Casting JIgs aus Zinn mit dem grossen Einzelhaken ist der vorne montierte Wirbel. Mein Ansatz ist eine Synthese des US-Casting Jigs mit fernöstlichen Assist Hooks, kalibriert auf leichtes Wurfgerät so dass man zwar grundsätzlich vertikal fischt aber trotzdem mit kurzen bis mittleren Würfen ein wenig umgebende Struktur abklopfen kann. Die Slow Jig Schule verlangt nach vielen leichten Assist Hooks und überladenen Ruten, das flache Ostseewasser jedoch nach ein wenig mehr räumlicher Abdeckung und leichteren Ködergewichten die nicht ganz so viele Haken vertragen. Ausserdem will hier auch niemand Meerforellen und Dorschbabies mit 4 Haken im Kopf sehen. "Shore Slow" ist also angesagt.
Die 23g Sprotte z.B. fische ich an der Caldia Lure Jigger Spin 2.7m 7-28g die Einigen selbst für die Meerforellenfischerei zu weich ist, also am oberen Ende des Spektrums, leicht überladen. Dadurch kann ich sowohl den 8g Perfect Tobis als auch den 15g Truttator und den 23g Slow Jig an der selben Rute fischen und das gesamte Hafen- und Bootsangel-Spektrum vom Flachwasser bis hinunter in kühlere Tiefen abdecken. Ich hasse es einen Rutenwald an Bord zu führen.
Für die Köhler/Herings Aktion habe ich mein Mefo-Arbeitspferd, die Shimano Speedmaster 3m 15-40g eingesetzt die mit einer 30g Zinnsprotte ebenfalls am oberen Ende arbeitet.
Der Wirbel hat mehrere Funktionen. Zum Einen verbessert er das Köderspiel da diese Jigs in der Schwebe auch rotieren. Zum Anderen verhindert er Drall der bei längerem Jiggen auftreten kann. Die Casting Jig Formate die ich nutze weisen keinen Kiel auf der ein Rotieren verhindert. Meiner Beobachtung nach ist das auf unsere Räuber kein Problem sondern eher fängig, aber bei längerem vertikalem Jiggen kann sich Schnurdrall aufbauen. Dazu kommt dass alle Slow Jigs sich hervorragend zum Plattfischangeln eignen indem man einfach den Assist Hook beködert oder sie analog dem Flunder Wunder mit Cord-Schlaufe und Bucktailpuschel montiert. Wenn ich mich schon hinsetze und die Dinger selber gieße kann ich also gleich einen kleinen Zusatznutzen bringen.
Die Auswahl ist zunächst sehr begrenzt, ich werde beizeiten ein vernünftiges Sortiment auch an güstigeren unmontierten Ködern und Komponenten erstellen. Das Kalibrieren von leichten Jigs mit verschiedenen Assist Hook Konfigurationen erfordert etwas Praxis. Vor allem die kurz und sparsam gebundenen Modelle sind auch als Abschlußhaken an Meerforellenködern interessant.